Raiba Ehingen-Hochsträß und Volksbank Blaubeuren stellen ihre Zahlen gemeinsam vor.
Die Milliarde und Fusion fest im Visier
Schwäbische Zeitung, 27.05.2021

Die Raiffeisenbank Ehingen-Hochsträß und die Volksbank Blaubeuren haben nach ihrer Fusionsankündigung im November nun erstmals gemeinsam ihre Bilanzen für das Geschäftsjahr 2020 vorgestellt. Beide Genossenschaftsbanken stehen solide da - die Fusion soll nun bei den Mitgliederversammlungen beider Institute im Juni beschlossen werden.
„Die Braut ist sehr attraktiv“, sagt Klaus Hofmann, Vorstand der Raiba, über die nun bevorstehende Fusion mit der Volksbank Blaubeuren. „Auch der Bräutigam ist attraktiv“, betont im Gegenzug Frank Stegner, Vorstand der Volksbank Blaubeuren. Damit machen beide Kreditinstitute deutlich, dass die Fusion mehr als gewollt ist. Vielleicht zum letzten Mal haben deshalb beide Banken am Mittwoch in den Räumlichkeiten der Raiba in der Ehinger Bahnhofstraße, dem geplanten Hauptsitz der neuen VR-Bank Alb-Blau-Donau, ihre Bilanzen getrennt voneinander präsentiert. Und das Zahlenwerk aus Ehingen und Blaubeuren kann sich auch in Krisenzeiten sehen lassen - dennoch werden die Abstriche, die die beiden Häuser machen müssen, immer größer.
„Wir sind recht zufrieden mit 2020. Wir haben bei der Bilanzsumme einen unglaublichen Zuwachs von 691 Millionen Euro auf rund 754 Millionen Euro. Wir konnten unsere Kundenkredite um 5,9 Prozent auf rund 470 Millionen Euro steigern, mit unseren Verbundpartnern betreuen wir zusammen rund 670 Millionen Kundenkreditvolumen“, so Hofmann. Trotz dieser veritablen Steigerungen sorgt - wie schon in den Jahren zuvor - die anhaltende Niedrigzinsphase für Probleme. Der Zinsüberschuss sei um rund 500 000 Euro zurückgegangen. „Das liegt an der unsäglichen Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank“, betont Hofmann, der die Banken allgemein ein Stück weit in der Zinsfalle sieht. „Die Zinserträge erodieren, an steigende Zinsphasen ist nicht mehr zu denken. Deswegen müssen wir als Bank nun geeignete Maßnahmen einleiten und Entscheidungen für die Zukunft treffen. Deswegen ist ein Zusammenschluss mit einer anderen starken Genossenschaftsbank ein maßgebliches Element“, sagt Hofmann.
Für den privaten oder auch gewerblichen Kredit indes ist diese Phase gut, wie der Banker betont: „Häuslesbauer oder Sanierer können ihren Zins bis zu 30 Jahre lang festschreiben lassen“, so Hofmann, der mit seiner Bank merkt, dass natürlich die Investitionen im Bausektor förmlich durch die Decke gehen. „Auch wir als Bank müssen neue Geschäftsfelder erschließen. Wir investieren in Immobilien, haben beispielsweise eigene Fachmarktzentren, aber auch Wohnungen im Portfolio. Ebenso haben wir alle unsere Dächer der Filialen mit PV-Anlagen ausgestattet. Jede kleine Ertragsschraube zählt“, sagt Hofmann.
Sein Vorstandskollege Martin Traub erklärt in diesem Zusammenhang: „Lange Zeit war der Zinsertrag die größte Einnahmequelle der Banken. Das ist nicht mehr wirklich so. Deswegen müssen wir uns auch unsere Kostenstrukturen anschauen und jedes Zahnrad bewegen.“ Trotz Corona hat die Bank jedoch noch zwei weitere gute Nachrichten auf Lager. Zum einen seien laut Traub die Geschäftskunden der Bank in einem soliden und stabilen Zustand, den Firmenkunden gehe es gut. Nur in ganz wenigen Einzelfällen habe es Probleme mit den Kreditnehmern gegeben. „Wir haben keine corona-bedingten Kreditausfälle, weder im Privat- noch Firmenkundengeschäft“, sagt Traubs Kollege Klaus Hofmann.
Allerdings müsse die Bank natürlich auch darauf schauen, die Kontenpreismodelle anzupassen, was zuletzt vergangenes Jahr passiert ist. „Bei den Firmenkunden haben wir bereits ab einem Betrag von 250 000 Euro Negativzinsen, so genanntes Verwahrentgelt von minus 0,5 Prozent. Im Privatkundenbereich lediglich bei ganz hohen Guthaben. Wir können es aber nicht ausschließen, irgendwann Verwahrentgelte zu verlangen. Denn momentan zahlen wir drauf“, so Hofmann. Denn aufgrund der Tatsache, dass andere Kreditinstitute bereits Verwahrentgelte verlangen würden, habe es viele Kapitaltransfers gegeben.
Die Volksbank Blaubeuren, die rund ein Drittel kleiner als die Raiba ist, ist laut Vorstand Alfons Seeburger ebenfalls zufrieden mit dem Jahr 2020. So konnte die Bank ihre Bilanzsumme um rund elf Millionen Euro auf gut 213 Millionen Euro steigern. Die Bank habe laut Seeburger einen stärkeren Zuwachs bei den Anlagen als bei den Krediten zu verzeichnen. „Das ist für die anstehende Fusion vorteilhaft“, so Seeburger. Denn gerade im gewerblichen Bereich seien die Kundenkredite rückläufig. „Wir haben in und um Blaubeuren einen vermögenden Mittelstand. Großfirmen können wir aber bisher nicht bedienen. Das gewerbliche Kreditgeschäft ging zurück. Das können wir nach der Fusion ändern“, so Seeburger. Auch in Sachen Wohnungsbau erhofft sich Seeburger durch die Fusion einen Schub. „Die Region rund um Ehingen hat eine massive Ausweitung an Wohngebieten.“
Die Kundeneinlagen der Voba Blaubeuren sind um 10,2 Prozent auf rund 169 Millionen Euro gewachsen, das Eigenkapital der Voba laut Bilanz ist mit rund 33,3 Millionen Euro überdurchschnittlich. Sollte die Fusion klappen, würde die neue Bank dann ebenfalls über ein überdurchschnittliches Eigenkapital verfügen. „Uns ist es ganz wichtig, dass das Kapital unserer Kunden weiterhin in der Region bleibt und arbeitet. Deswegen ist die Fusion eine super Lösung“, erklärt Voba-Vorstand Frank Stegner, der die Gespräche mit den Ehinger Kollegen so bezeichnet: „Wir waren und sind stets auf Augenhöhe. In sämtlichen Gesprächen haben wir immer super Lösungen gefunden. Und wir als kleinere Bank fühlen uns nicht verkauft.“
Sollten die Mitglieder beider Banken bei den digitalen Versammlungen (zwischen dem 21. und 25. Juni) für die Fusion stimmen (75 Prozent der abgegebenen und gültigen Stimmen sind pro Bank nötig), würde dann die Eintragung der Fusion und der VR-Bank Alb-Blau-Donau ins Genossenschaftsregister erfolgen, die technische Fusion wäre am 13. November geplant. „Die Mitglieder werden nun angeschrieben. Dort wird erklärt, wie alles funktioniert“, sagt Martin Traub. Zudem gebe es auf den Internetseiten der Banken einen Imagefilm zur geplanten Fusion. Und wenn alles nach Plan laufe, würde die neue Bank die magische Grenze von einer Milliarde Bilanzsumme zum Ende des Jahres knacken.